Der FC Carl Zeiss Jena und weitere Clubs der 3. Fußball-Bundesliga erklären ihre Haltung zur aktuellen Situation. [Lesen Sie HIER Teil 1 des Statements]
Und zuletzt haben Geisterspiele für unsere Vereine finanziell erhebliche negative Auswirkungen. Derzeit befinden wir uns in der Situation, dass wir zwar faktisch keine Einnahmen haben, aber gleichzeitig unsere Kosten – insbesondere durch Einführung von Kurzarbeit – deutlich senken konnten. Schon diese Situation ist für uns und viele andere Vereine in der 3. Liga sehr prekär. Bei einigen Clubs wird nur durch Aufnahme von Darlehen – sofern sie denn überhaupt gewährt werden – eine Zahlungsunfähigkeit vermieden werden können.
Sollten wir jedoch gezwungen sein, die noch ausstehenden Spiele als Geisterspiele austragen zu müssen, hätten wir bei vollen Kosten keinerlei Einnahmen aus dem Spielbetrieb. Zumal die Mittel aus den TV-Übertragungsrechten in der 3. Liga nur einen Bruchteil der 1. und 2. Bundesliga ausmachen und ohnehin nur noch eine geringe Rate der aktuellen Saison aussteht. Ein Ausgleich bzw. eine Unterstützung der 3. Liga durch DFB oder DFL ist nicht in Sicht.
Wir gehen nicht davon aus, dass bei einer Einstellung des Spielbetriebes höhere Regressforderungen von Sponsoren auf uns zu kommen als bei einer Fortsetzung mit Geisterspielen. Dies zeigen uns auch die zahlreichen positiven Rückmeldungen und Verzichtsangebote von unseren Sponsoren und Fans in den letzten Tagen und Wochen. Einige Sponsoren äußern zudem die Befürchtung, dass eine Sonderrolle des Fußballs in der Gesellschaft zukünftig und sodann für die Folgesaison nicht zu deren Firmenpolitik und Image passt.
Die Beendigung der Saison mit Geisterspielen würde viele Vereine in finanzielle Schieflage und einige direkt in die Insolvenz führen. Die Anpassung der Insolvenzregelungen durch den DFB ermöglicht dies ohne Konsequenzen. Zahlreiche Insolvenzen von Vereinen in einer kurzen Zeit werden aber zu einem langfristigen wirtschaftlichen Imageschaden der 3. Liga und des deutschen Fußballs führen.
Die Darstellung der „Alternativlosigkeit“ zur Beendigung der Saison durch Geisterspiele ist für uns insgesamt nicht nachzuvollziehen. Insgesamt 18 Vereine der 3. Liga haben sich bereits vor Wochen für die Untersuchung und Bewertung aller Varianten von der auflagenbedingten, unabdingbaren Einstellung des Spielbetriebs bis hin zu Geisterspielen ausgesprochen und dies eingefordert.
Auch ein Aufschieben der Entscheidung und Verlängerung der laufenden Saison in den Herbst oder gar in den Winter hinein halten wir in der 3. Liga für nicht umsetzbar. Die hierfür angepassten Spielordnungen des DFB lösen die komplexen arbeitsrechtlichen Problemstellungen zur Befristung der Verträge bis zum 30.06. nicht auf. Außerdem würde dies den finanziellen Ruin der Vereine noch maßgeblich beschleunigen, da eine Planbarkeit und Durchfinanzierung der neuen Saison dann gar nicht mehr gegeben wäre.
Der DFB und alle Vereine der 3. Liga haben sich bis zu diesem Punkt nachweislich in alle Richtungen bemüht, eine Saisonfortsetzung zu ermöglichen. Dies muss und kann nach unserer Einschätzung auch allen Partnern und Sponsoren vermittelt werden.
Von den Fangruppen unserer Vereine erfahren wir breite Unterstützung und Zustimmung zu unserer Position. Die Politik und die Öffentlichkeit, vor allen im kommunalen Bereich, vermittelt uns ebenso ein klares Meinungsbild, eine Sonderrolle für Fußball in der 3. Liga wird umfassend abgelehnt.
Natürlich gibt es auch Vereine, speziell aus der oberen Tabellenhälfte, die in Anbetracht bestehender Aufstiegschancen bis zum Saisonende anderer Meinung sind. Dies können wir aus der Sicht der betroffenen Vereine nachvollziehen. Aber die Betrachtung der Gesamtsituation der 3. Liga führt für uns aus den genannten Gründen zu einem anderen Ergebnis. Wir können hier nur eine Gesamtbetrachtung der Situation mit den dargestellten Argumenten empfehlen.
Es gilt nun nach unserer Einschätzung die Realität der 3. Liga anzuerkennen. Es mag wirtschaftlich notwendig und bei den Voraussetzungen der Vereine in der 1. und 2. Liga möglich sein, die Saison im Verantwortungsbereich der DFL mit Geisterspielen zu Ende zu spielen.
Für die 3. Liga sehen wir dies aufgrund der bestehenden und zu erwartenden Auflagen als organisatorisch unmöglich, gesundheitlich sowie wirtschaftlich nicht darstellbar und gesellschaftlich nicht vermittelbar an.
Natürlich braucht es letztlich eine Verständigung zur Umsetzung einer auflagenbedingten, unabdingbaren Einstellung des Spielbetriebs sowie entsprechende Beschlüsse der Gremien beim DFB hierzu. Damit können naturgemäß nicht die Interessen und Hoffnungen aller erfüllt werden.
Hierzu bringen wir folgenden Vorschlag als Diskussionsgrundlage ein:
Wir plädieren dafür, dass die laufende Saison bei einer Einstellung des Spielbetriebes dennoch im Hinblick auf den Aufstieg gewertet wird.
Wir vertreten auch die Auffassung, dass es diese Saison keine Absteiger aus der 3. Liga geben sollte. Im Sinne einer solidarischen Lösung befürworten wir aber auch hier die Aufstockung der Liga um die derzeitigen Tabellenersten der Regionalligen. Dies führt zwar zu mehr Mannschaften in der nächsten Saison, bildet aber einen fairen Kompromiss ab und ermöglicht eine teilweise wirtschaftliche und mediale Kompensation in der Folgesaison.
Unsere Beurteilung zu Geisterspielen in der laufenden Saison kann aber nicht bedeuten, dass wir sie aufgrund der Entwicklung der Pandemie für die kommende Spielzeit vollständig ausschließen können und wollen. Auch wir gehen davon aus, dass wir schlimmstenfalls bis zum 31.12.2020 nur ohne oder mit eingeschränkten Zuschauerzahlen spielen können.
Aber in diesem Fall finden diese Partien unter anderen Prämissen statt. Wir können bis dahin alle Voraussetzungen im organisatorischen Bereich in einem hoffentlich gelockerten gesundheitlichen Umfeld planen und vorbereiten. Es würde keine Sonderrolle für die 3. Liga mehr eingefordert und eine strukturierte Vorbereitung auf die neue Saison wäre möglich. Anders als in der laufenden Spielzeit, in der die Personalkosten und Budgets unveränderbar sind, haben alle Vereine zur neuen Saison die Möglichkeit, ihre Etats an die neue Situation anzupassen.
Der Saisonstart sollte so weit wie möglich nach hinten verschoben werden, um die Phase der eventuell notwendigen Geisterspiele so kurz wie möglich zu halten und gleichzeitig das Infektionsrisiko für die Spieler, Trainer und Betreuer zu senken.
Wir wissen, dass die Entscheidung für eine notwendige Einstellung des Spielbetriebs für die 3. Liga nicht leicht fällt. Wir sehen diese nach sorgfältiger Abwägung aller Fakten und Einschätzungen jedoch als den sinnvollsten Weg für die Gesellschaft, zum Schutz unserer Mitarbeiter und zum Erhalt der Vereine und der 3. Liga an.